The Children's Crusade

"Wir hatten heute morgen noch eine Sache zu klären, Fairchild ", schnarrte Moore und seine Augen wurden schmal, "ihr hysterischer Anfall in der Krankenstation. Sie haben einen Lehrkörper angegriffen. Und sich offen meinem Befehl widersetzt. Und ich hatte Ihnen versprochen, mich noch eingehend mit ihnen zu unterhalten ", jetzt wurde sein Tonfall widerlich süß, "bitte nach ihnen!"

Die Farbe wich aus ihrem Gesicht und einen Moment schwieg sie. Der Morgen lag in einem nebligen Schleier und sie hatte gehofft es dabei belassen zu können. Schemenhaft kam nun die Erinnerung zurück. Wie sie in der Ecke gekauert hatte. Wie Moore versucht hatte sie zur Ordnung zu rufen. Und wie sie ihm die Schulter in die Seite gerammt hatte. Das würde verdammten Ärger geben.

Die letzten Jahre hatte es nicht viele Momente der Schwäche in ihrem Leben gegeben, ganz einfach weil sie es nicht zugelassen hatte. Es machte sie wütend und beschämte sie zugleich, wie sehr dieser Morgen alles auf den Kopf gestellt hatte. Nun drohte alles in sich zusammenzufallen, was sie sich mühsam aufgebaut hatte.

Aber noch war es nicht soweit. Was auch immer Moore vorhatte, das würde sie auch noch überstehen. So wie heute morgen würde er sie nicht noch einmal sehen, das schwor sie sich. Sie straffe sich, nickte und ging an Moore vorbei in Richtung seines Büros.

"Marakov." Finnegan saß hinter seinem Schreibtisch, als Bash den Raum betrat. Mit seinem selbstzufriedenen Grinsen wirkte er wie eine große Spinne, die in ihrem Netz auf eine Fliege lauerte. "Ich nehme an, du weißt warum du hier bist, eh, Marakov? Und spiel' jetzt bloß nicht den Unschuldigen, diese Rolle steht dir nicht. "

Finnegan lehnte sich zurück und rieb sich die Hände,  während er auf Bash' Antwort wartete. Seine kalten hellen Augen starrten den Jungen erwartungsvoll an, er war gespannt, ob nun gleich ein Geständnis kommen würde.

Bash trat mit zügigen Schritten und gesenktem Blick vor Finnegans Schreibtisch, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Ganz so, wie Finnegan es von ihm erwartete. So hatte er das Glück eine knappe Sekunde über Finnegans Worte nachdenken zu können, ehe er ihn ansah. Er konnte sich an keine Verfehlung in den letzten grob 24 Stunden erinnern, wenn man mal davon absah, dass er Levi das Fenster zum Karzer gezeigt hatte. Aber da weder beim Essen noch beim Appell etwas von Streichhölzern und einer Kerze zu hören war und auch Elijah nichts erwähnt hatte, konnte er davon ausgehen, dass Finnegan die Sachen nicht gefunden hatte, die er Levi für Elijah zur Verfügung gestellt hatte.
Entsprechend unschuldig war sein Blick, als er Finnegan ansah. "Es tut mir Leid, Sir, aber wenn es nicht um Besorgungen in der Stadt geht, weiß ich nicht warum ich hier bin." Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass Finnegan ihn losschickte. Also war es eine legitime Vermutung, dass es darum ging.

Marakov hatte sich also nichts vorzuwerfen? Finnegan war beinahe ein wenig enttäuscht. Normalerweise funktionierte diese Methode wunderbar, um die Kinder Verbrechen gestehen zu lassen, die er noch nicht entdeckt hatte. "Also schön, es handelt sich um Besorgungen."

Er schlug mit der Faust auf den Tisch, so dass das Holz erzitterte. "Es wird Zeit, dass du mal wieder etwas arbeitest, anstatt nur faul hier herumzusitzen und mir die Haare vom Kopf zu fressen. Du wirst heute abend einige Botengänge für einen Bekannten von mir erledigen. Und du wirst weder frech sein, noch die Arbeit verweigern, sonst zieht das Konsequenzen nach sich. Hast du das begriffen, Marakov?"

Er war zu sehr damit beschäftigt sich seine Erleichterung darüber, dass Finnegan ihm offenbar glaubte, nicht ansehen zu lassen, dass er den Schlag auf den Tisch nicht erwartete. Er zuckte kurz zusammen und hätte sich schon im nächsten Moment am liebsten selbst dafür geohrfeigt.
Er unterdrückte das rebellische Funkeln, dass sich in seine Augen schleichen wollte. Er wollte nicht riskieren, dass Alisa wieder an seiner Stelle bestraft wurde. Also nickte er nur brav. "Natürlich, Sir. Wann soll ich wo erscheinen?"

Finnegan fixierte den Jungen eindringlich. Die Unschuldsmasche kannte er nur zu gut und er fiel bestimmt nicht darauf herein.

Ausnahmsweise entschied er sich jedoch dafür, nicht weiter nachzuhaken. Es nutzte ihm nichts, wenn Marakov die Nerven verlor.

"Du wirst heute abend von Mr.Sykes abgeholt. Nach dem Essen um Punkt sieben. Geh' vors Haus, aber benutz' nicht den Haupteingang,  der wird wie du weißt um sechs Uhr abgeschlossen. Geh' durch die Küche!"

Er lehnte sich nach vorne und fixierte Bash weiter. "Keine Albernheiten,  hörst du? Du übernimmst die Arbeiten, die dir aufgetragen werden. Und wehe, du bist nicht pünktlich!"

Finnegan stieß hörbar die Luft aus. "Du kannst gehen, Marakov! Alle weiteren Anweisungen erhältst du von Mr. Sykes."

Bash lauschte Finnegans Worten sehr aufmerksam und nickte zwischendurch stumm. Das klang alles nicht sehr legal, sonst würde Finnegan nicht so ein Geheimnis draus machen. Er versuchte seine aufkommende Nervosität zu verbergen, aber es gelang ihm nicht ganz. Seine Stimme zitterte etwas, als er kurz antwortete. "Ja, Sir."
Er verabschiedete, wie es sich gehörte und verschwand schnellen Schrittes. Er würde erst Abends sehen, ob diese Geschichte auch Potential für ihn barg. Für den Moment, würde er das Ganze erstmal für sich behalten. Seine Schritte führten ihn die Treppe hinunter und hinaus auf den Hof.

Er schloss die Bürotür, nachdem sie beide eingetreten waren.
Sein Blick glitt über Fairchild, die zwar auf Krücken, jedoch ungebrochen im Raum stand.
Moore schüttelte nur den Kopf. Warum waren sie uneinsichtig und stur? Es nutzte ihnen doch sowieso nichts.
"Du hast einen Lehrkörper angegriffen, Suzanna. Ist dir das klar? Ist dir klar, was mit dir geschieht? " Moore sah aus , als hätte er in eine Zitrone gebissen und starrte mit wütenden Blick auf das Mädchen herab. " Ich dachte, du hättest ein bisschen mehr Verstand in deinem Schädel als der Rest der Schafherde. Aber anscheinend geht Verstand nur einher mit Trotz. Und den werde ich dir austreiben. "
Mit grimmigem Gesichtsausdruck trat er an den Schreibtisch. "Du wirst mir bis morgen einen fünfseitigen Aufsatz über Respekt vor dem Lehrer und Erziehungsberechtigten schreiben. Ja, deine ganze Freizeit geht dafür drauf. Das hättest du dir überlegen sollen, bevor du so einen hysterischen Abfall bekommst. Für den ich im Übrigen noch eine Erklärung erwarte."

Moore blickte sie an.

Während seiner Schimpftirade blickte sie Moore unverwandt an. In einem einzigen Punkt gab sie ihm recht: Die meisten der Kinder hier waren Schafe, begierig darauf jemandem zu folgen und ihre Freiheit für Sicherheit einzutauschen.

Es war immer schon eine feine Linie, auf der sie wandelte. Sie war stolz, zu stolz, um zu kriechen und natürlich gefiel das weder Finnegan noch Moore. Die Herausforderung war aufrecht zu gehen, ohne dabei die empfindlichen Erwachsenen zu provozieren. Darin hatte sie heute auf ganzer Linie versagt und das würde sie jetzt ausbügeln müssen.

Der Aufsatz war ärgerlich und sie hasste es drinnen zu hocken und zu schreiben, aber es hätte sie schlimmer treffen können. Außerdem konnte sie immer noch eins der anderen Mädchen darauf ansetzen das Teil für sie zu schreiben. Dann galt es nur zu verhindern, dass es eine kriecherische Lobhudelei auf alle Erwachsenen würde. Aber das würde sie schon hinbekommen.

Das eigentliche Problem war die Erklärung. Wie sollte sie das heute morgen erklären? Sie verstand ja selbst nicht, wie es so weit hatte kommen können. Sie war nicht sie selbst gewesen und das sorgte sie. Und sie hatte Angst gehabt, etwas, dass sie sich sonst nie zugestand und sicher nicht hier breittreten würde.
Sie senkte kurz den Blick, ein Eingeständnis, das Moore nicht entgehen würde. Als sie ihn wieder ansah, war der Trotz aus ihrem Blick verbannt, aber aufrecht stand sie dennoch. Er würde sie nicht brechen.

"Es tut mir leid, Sir. Ich weiß nicht was über mich gekommen ist und es wird sicher nicht wieder vorkommen. Den Aufsatz bekommen Sie natürlich morgen früh als erstes."

Bevor Moore antworten konnte, wurden sie durch ein Klopfen unterbrochen. Eines der Hausmädchen stand vor der Tür und knickste verschüchtert. "Mr. Moore? Director Finnegan möchte Sie in seinem Büro sehen."

Moore stutzte. "Wir setzen unser Gespräch später fort", wandte er sich mit einem durchdringenden Blick an Suzanna. "Jetzt raus und setz' dich an deinen Aufsatz!"

"Natürlich, Sir.", sie nickte Moore zu und verließ zügig - wenn auch nicht fluchtartig - das Büro. Sie war erleichtert über den plötzlichen Abbruch des Gesprächs, auf das sie so gar nicht vorbereitet gewesen war. Vielleicht beließ es Moore ja dabei, wenn der Aufsatz ihm passte. Natürlich war das ein bisschen wie Glücksspiel, denn man konnte nie sicher sein, was in den Köpfen der Erwachsenen so vor sich ging.

Aber sie hatte noch ein weiteres Gespräch vor sich, eins auf das sie ähnlich wenig Lust hatte. Immerhin war sie hier in einer besseren Ausgangsposition.
Glücklicherweise traf sie auf auf dem Flur eins der Mädchen aus ihrem Schlafsaal, das ihr sagen konnte wo Bastian sich gerade befand. Ein Seufzen unterdrückend machte sie sich an den Treppenabstieg zur Eingangshalle und schließlich in den Hof hinunter. Ein Blick über den asphaltierten Platz verriet ihr, dass das Mädchen nicht falsch gelegen hatte. Suzanna schritt auf den Jungen zu, ignorierend wer noch bei ihm stand. Mit kalten Augen fixierte sie ihn. "Wir müssen reden."

Bash hatte sich das Treiben auf dem Hof eine Weile angesehen, hier und da ein paar Worte mit einem der kleinere Jungen gewechselt, als Suzanna zielstrebig auf ihn zusteuerte. Seine Miene wurde ernster und er schickte den Jungen, mit dem er sprach gerade weg, als Suzanna ihn ansprach. Er sah sie an und nickte in Richtung der Tischgruppen. Dort würden sie ungestört sein und potentiell störende Erwachsene rechtzeitig sehen. Von den Kindern würde es niemand wagen, sie zu stören.

An dem einen Tisch angekommen, lehnte er sich gegen die Tischplatte und sah Suzanna an. "Also was gibt's?"

Suzanna folgte Bash und ließ sich neben ihm auf einem der Tische nieder.
"Der neue macht Ärger und du hast ihn nicht im Griff. Du hast ihn weder in die Regeln eingeführt, noch dafür gesorgt, dass er sich einfügt, wie es deine Aufgabe gewesen wäre." Die Worte waren ungewohnt scharf, aber sie waren gerechtfertigt. Suzanna hätte sie niemals vor anderen ausgesprochen, aber da sie sich sicher sein konnte, dass niemand zuhörte, war sie schonungslos ehrlich.
"Jetzt glaubt er, er könnte mir auf der Nase herumtanzen und die Regeln ändern. Wenn du jetzt nicht handelst und das ausbügelst, dann wird sich das rumsprechen. Und das wollen wir beide nicht."

Seine Miene verfinsterte sich zusehends und er ließ seinen Blick über den Hof zu Levi schweifen. Eigentlich hätte er sich das denken müssen, aber er hatte gehofft, dass ihn die Lektion des ersten Tages zumindest lange genug beschäftigen würde, dass er ihn sich heute zur Brust nehmen konnte. Offenbar falsch gehofft. Er nickte. "Du hast Recht, aber nach deinem längeren Gespräch gestern, war ich davon ausgegangen, dass du ihm unsere Regeln näher gebracht hattest und ich bis heute nach dem Unterricht warten könnte um deinen Worten nochmal Nachdruck zu verleihen. Da ist mir dann nur leider Finnegan in die Quere gekommen." Er seufzte. "Was hat er denn verzapft? Damit ich weiß, was ich zu händeln habe." Er sah wieder zu Suzanna.

Sie folgte seinem Blick einen Moment und beobachtete ihn dann. Immerhin schien er die Sache ernst zu nehmen und seinen Fehler einzusehen. Aber etwas anderes hatte sie eigentlich auch nicht erwartet. Nicht von ihm.
"Da er noch eine Entschuldigug bei mir offen hat, wollte ich sehen, ob er inzwischen zur Vernunft gekommen war. Aber ein normales Gespräch war überhaupt nicht möglich und nach seiner Begrüßung auch nicht mehr nötig. Denn ein 'Wie geht's deinem Fuß' sehe ich nicht als Grundlage für eine Unterhaltung." Sie versuchte ihre Wut im Zaum zu halten und atmete einmal tief durch, bevor sie weiter sprach. "Er provoziert durch die Bank weg und Worte sind ihm egal. Die sanfte Tour zieht bei ihm offensichtlich nicht." Sie ließ den Rest unausgesprochen. Nun war es an Bastian Konsequenzen aus ihren Worten zu ziehen.

Er seufzte erneut und nickte. "Offenbar ist er einfach ein zu guter Kerl. Ich kümmer mich drum."
Dann dachte er einen Moment nach. "Finnegan schickt mich nach dem Essen in die Stadt. Soll ich irgendwas für dich besorge, sofern ich es irgendwie einrichten kann?"

Ein zu guter Kerl? Sollte sie jetzt noch Mitleid mit ihm haben? Und selbst wenn es so wäre...
"Du weißt was hier mit guten Kerlen passiert. Besser er versteht es jetzt."
Auf Bashs Frage hin, gestattete sie sich einen sehnsuchtsvollen Blick zum schmiedeeisernen Tor. Wie lange es her war, dass sie die andere Seite gesehen hatte. Mit Ausnahme natürlich der furchtbaren Kirchgänge, bei denen sie wie die Gefangenen zu den Gottesdiensten und zurück getrieben wurden und sich dabei den verächtlichen Blicken der örtlichen Bevölkerung aussetzen mussten.
Die Erwachsenen wussten sehr genau wen sie problemlos für ihre Botengänge losschicken konnten und leider war niemand dumm genug sie auszusuchen.
Sie blinzelte kurz und ihr Blick nahm die übliche gleichgültige Miene an.
"Schmerzmittel, die mich noch klar denken lassen. Wenn du nicht dazu kommst, ist es aber auch kein Weltuntergang."

Bash nickte zu beiden Aussagen nachdenklich. "Ich werd mich um den Neuen kümmern und nachher sehen, was ich für dich tun kann." Er gab einem der Jungen, die in einiger Entfernung standen ein Zeichen, dass er ihn sprechen wollte, woraufhin dieser sich langsam näherte, darauf bedacht außer Hörweite stehen zu bleiben. Dann sah er wieder Suzanna an. "Gibt es sonst noch etwas?"

Suzanna nickte erst zu seiner ersten Aussage und schüttelte dann auf die Frage hin den Kopf.
"Nein, das war alles."
Dann stand sie auf und ließ sich am Nachbartisch auf die Bank sinken. Je schneller sie den dummen Aufsatz schrieb, desto besser. Sie holte die Schreibutensilien aus ihrer Tasche und dachte darüber nach wie sie das ganze angehen sollte, blieb aber gleichzeitig aufmerksam wie Bastian sein eigenes Problem angehen würde.

Kaum hatte sich Suzanna entfernt, bedeutete Bash dem wartenden Jungen mit einem Nicken, dass der näher kommen sollte. "Schick Mark und Will hoch zu mir in den Schlafsaal und dann bring mir in 10 Minuten den Neuen hoch. Wir haben da von gestern noch was zu klären." Der schmale Junge nickte nur stumm und lief los. Bastian selbst machte sich auf den Weg nach oben und wartete im Jungenschlafsaal auf das Eintreffen der Jungen. Mit Mark und Will, zwei etwas größere und stärkere Jungen, wechselte er einige Worte und wartete dann auf Levi.

Einige Minuten nachdem Bash den Hof verlassen hatte, kam der schmale Junge zu Levi. "Hey Sullivan. Bastian will dich sehen."

Levi hatte gerade einen Torschuss des gegnerischen Teams geschickt verhindert und wandte sich nur ungern von den fröhlichen anfeuernden Rufen seiner Mitspieler ab, als er von einem schmalen Jungen angesprochen wurde. Sein Gesicht verfinsterte sich augenblicklich. Ausgerechnet Bash! Oder Bastian, wie der andere Junge ihn nannte. Und was war das hier überhaupt, konnten er und Suzanna nicht einfach selbst zu ihm kommen? Wie schwer konnte das sein?
Aber vielleicht konnte er sich so mit ihm aussprechen. Dass er ihm am Abend zuvor mit Suzanna so in den Rücken gefallen war, war nicht die feine Art gewesen, womöglich wollte er darüber reden? Das mussten ja wirklich nicht alle mitbekommen.
"Okay," antwortete er, "und mein Name ist Levi, ja?"
Dem anderen Jungen zuliebe bemühte er sich um ein Lächeln, schließlich konnte er absolut nichts dafür, dass Bash und Suzanna sich blöd aufführten.
"Er ist eben hoch gegangen, oder? Willst du dann für mich weiterspielen? Dem Team fehlt sonst ein Mann!"
Ohne eine Antwort abzuwarten, machte er sich auf ins Haus, um die Angelegenheit möglichst schnell hinter sich zu bringen. Er hatte irgendwie kein gutes Gefühl dabei, aber es half ja alles nichts. Gerade noch rechtzeitig erinnerte er sich daran, im Haus nicht zu rennen, als er die Treppen nach oben erst immer zwei auf einmal nahm und dann ohne zu klopfen den Schlafsaal betrat.
Sofort fiel ihm auf, dass Bash keineswegs allein war, sondern Gesellschaft hatte. Die zwei kräftig gebauten Jungs blickten nicht gerade freundlich drein und Levi stand automatisch etwas gerader. Einschüchtern lassen würde er sich jedenfalls nicht!
"Was gibt's?" fragte er.

Bash hatte sich in der Zwischenzeit seine Jacke ausgezogen, seine Mütze abgesetzt und die Ärmel seines Hemdes hochgekrempelt. An die Wand gelehnt, wartete er mit ernster Miene auf Levi. Kaum war dieser eingetreten, versperrten ihm die beiden bulligen Jungen den Ausgang.
Bash ließ die Situation einen Moment auf Levi wirken, ehe er ihn ansprach.
"Mir ist zu Ohren gekommen, dass du Probleme mit dem Leben hier drinnen und unserer Ordnung hast. Mir ist durch aus klar, dass es nicht leicht ist, sich hier einzufinden. Mir ist auch klar, dass unsere Ordnung und unsere Regeln etwas seltsam anmuten mögen." Er klang ruhig und gelassen. Fast verständnisvoll. "Aber glaube mir, wenn ich sage, dass sich diese Strukturen nicht umsonst entwickelt haben. Diese Regeln haben ihren Grund. Das mussten wir alle lernen. Und auch du wirst das lernen. Auf die harte, oder die ganz harte Tour. Welche ist dir lieber?"

Levi nahm mit wachsendem Bedenken wahr, wie Bash die Situation für sich gestaltete. Das fing ja gut an.
Ruckartig nahm er sich den doofen Hut vom Kopf und warf in wie eine Frisbee auf sein Bett hinüber. Wie um ihm einen Gefallen zu tun, landete er zielgenau auf seinem Kopfkissen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah Bash geradeheraus an.
"Brauchst du zwei Türsteher, nur um mit mir zu reden?" gab er statt einer Antwort zurück.
Er mochte das nicht, mehrere gegen einen, das hatte was unfaires an sich. Sah Bash das etwa nicht so?

Bashs Miene verfinsterte sich. "Ich habe dich etwas gefragt und erwarte eine Antwort, Levi." Er stieß sich von der Wand ab und kam auf ihn zu. Die beiden Jungs hinter Levi rührten sich nicht. Sie standen einfach nur da und sorgten dafür, dass es keinen Ausweg gab.