The Children's Crusade

"Sind deine Schmerzen denn jetzt so schlimm?"
Sie hatte es immerhin allein hergeschafft und keinen zu ihr geschickt. Also musste es eigentlich soweit in Ordnung sein.

Bash hatte befürchtet, dass Finnegan genau zu so einem Mittel greifen würde, um ihn zumindest ein wenig für seine Dreistigkeit zu bestrafen, aber etwas anderes hätte er nicht für Stephen und Elijah tun können. Ein grimmiger Ausdruck trat auf sein Gesicht. Er konnte jetzt nur versuchen das beste aus der Sache zu machen. Er senkte resigniert den Blick und sah auf seine Schuhe. Er wusste er hatte Stephen das hier eingebrockt und jetzt konnte er nur hilflos zusehen.
Er hasste diese Hilflosigkeit, aber es war nicht zu ändern. Vielleicht brachte es ihm und Stephen wenigstens einen kleinen Vorteil, wenn er sich jetzt besonders kleinlaut gab. Er konnte sowieso nur noch hoffen, dass Finnegan auf seinen Vorschlag, Elijah mitzuschicken, eingehen würde und dass er Stephen nicht zu schwer bestrafte. Er würde hinterher versuchen das Ganze bei Stephen wieder gut zu machen.

Finnegan ließ den Rohrstock erneut durch seine Finger gleiten. Sein Blick allerdings war nicht auf Stephen, sondern auf Bastian gerichtet. Marakov sollte sehen, welche Konsequenzen es hatte, ihm, dem Direktor zu trotzen. "Bück' dich!", herrschte er Stephen an. Dieser beugte sich gehorsam nach vorne.

"Marakov, du wirst die Schläge zählen", ordnete er an. Ein diabolisches Grinsen erschien auf seinem Gesicht.

Dann sauste der Rohrstock zum erstenmal nach unten und Stephen unterdrückte einen Schrei.

Dann sauste der Rohrstock zum erstenmal nach unten und Stephen unterdrückte einen Schrei.

Betreten standen die Kinder auf dem Hof beisammen. Sie hatten die Köpfe zusammen gesteckt und betrachteten das Opfer in ihrer Mitte, den von ihnen Gegangenen, den letzten seiner Art.
"Also... der is hin, ne," urteilte Harold Anderson unnötigerweise.
Der alte braune Fußball, der ihnen von einem älteren Jungen, der inzwischen nicht mehr im Waisenhauslebte, vererbt worden war, hatte seine besten Tage ohnehin lange hinter sich gehabt, aber nun war er endgültig hinüber. Da half es auch nicht zu diskutieren, wer den letzten harten Schuss zu verantworten hatte oder wer den Ball nicht rechtzeitig abgefangen hatte, bevor er so unschön mit der Ecke des Hauses kollidiert war.
"Und jetz?" ließ sich Dick Bell über die flüsternden Stimmen der anderen vernehmen. "Wir ham doch nur den einen, die rücken bestimmt keinen neuen raus!"
Nein, einen neuen Ball würden die Erwachsenen ihnen ganz sicher nicht geben, da waren sich alle einig, und sich laut zu beschweren würde ihnen auch nichts als Ärger einbringen. Und das war einfach nicht fair.
Levi verschränkte die Arme vor der Brust und spürte bei der Bewegung die Striemen auf seinem Rücken. Keine angemehme Erinnerung, aber er wusste, was er zu tun hatte.
"Ich hab ne Idee."

Moore hatte ihm versprochen, dass er sich seinen Fußball am nächsten Tag würde abholen können, und das war heute! Nach dem Unterricht hatte er ihn nicht fragen können, aber jetzt hatte er ja wohl lange genug gewartet! Und er hatte sich auch sonst nichts zu Schulden kommen lassen. Zumindest bei Moore nicht.
Sich aktiv Mut zusprechend stapfte er zum Haus. Jetzt musste er Moore nur noch finden. Der beste Startpunkt dafür war sicher sein Zimmer, wo er auch den Ball deponiert hatte. Zügig machte Levi sich dahin auf.

Moore saß mittlerweile gerade mit einem Bich halbwegs entspannt - soweit das bei ihm überhaupt möglich war - in seinem Schreibtischstuhl und hatte für einen kurzen Moment die Augen geschlossen. Heute hatte Ms. Portsmith die Aufsicht über die Kinder im Hof. Aber ihr Geschrei hielt sich in Grenzen und Moore genoss die seltene Stille.

Vor der Tür angekommen holte Levi einmal tief Luft - rückte in einem spontanen Anfall von Genialität die schreckliche Uniform und den noch schrecklicheren Hut gerade - und klopfte drei mal kräftig an. Was sollte schon schief gehn? Er würde nur um den Ball bitten und sonst den Mund halten. In ein paar Minuten würden sie unten weiterspielen können.

Bash hatte mit etwas ähnlichem gerechnet und so huschte sein Blick von seinen eigenen Schuhspitzen kurz mit einem entschuldigenden Ausdruck zu Stephen, als dieser sich hinunterbeugte. Er hoffte, dass Stephen ihm das Ganze nicht übel nahm.
Dann sah er wieder zu Boden und zählte die Schläge mit, so wie Finnegan es befohlen hatte. Gelang es ihm zu Beginn noch seine Stimme resigniert und niedergeschlagen klingen zu lassen, fiel es ihm von Schlag zu Schlag schwerer. Die "Vier" aus seinem Mund war der Anfang vom Ende. Jeder Schlag machte ihn wütender und ab dem vierten konnte er diesen Zorn nicht mehr aus seiner Stimme verbannen. Als er nach dem zehnten Schlag immer noch keine Anstalten machte, den Rohrstock sinken zu lassen, war Bashs Selbstbeherrschung zu Ende. Er riss den Kopf hoch und in seinem Blick funkelte all den Hass, der sich in den letzten Jahren hier angesammelt hatte. "Das reicht. Wenn sie jemanden Bestrafen wollen, dann nehmen sie mich, wenn ich aus der Stadt zurück bin. Leben sie ihre abartigen Fantasien an mir aus, aber wenn sie Stephen noch ein mal schlagen, können sie sich einen neuen für diesen Auftrag suchen. Dann bin ich raus."

Moore hob den Kopf, als es klopfte. Dreimal. Kräftig. Alle Achtung, da hatte aber einer Mut.
"Herein?" Moore legte das Buch zur Seite und erhob sich. Er stand eigentlich immer. So konnte er auch auf die Größten unter den Kindern hinuntersehen. Autorität war wichtig.
So wichtig.

Auf Moores Aufforderung hin öffnete Levi dann auch gleich ohne zu zögern die Tür und trat zügigen Schrittes ein. Möglichst schnell zog er die Tür auch wieder hinter sich zu; er wollte keine Zeit verlieren, je eher er das ganze hinter sich gebracht hatte, desto besser!
"Mr. Moore, sir," begann er so höflich er konnte. "Sie hatten gestern ja gesagt, dass ich mir den Fußball heute abholen kann, darum bin ich hier," erklärte er, wobei sein Blick kurz zum Schrank huschte, bevor r wieder zu Moore sah. Ein strenger Lehrer hatte Levi einmal dafür gerügt, dasscer immer so aufmüpfig drein blickte, aber er hatte keine Ahnung, was genau das war und wie er es abstellen sollte. Er versuchte sicherheitshalber, so harmlos und neutral er konnte unter seinem Hutrand herzugucken. Dabei fiel ihm ein, dass er den dummen Hut drinnen im Zimmer und im Gespräch vielleicht aussiehen sollte. Oder lieber doch nicht? Gab es da feste Regeln für? Aber jetzt war's dafür wohl eh zu spät.

Moore stand hinter seinem Schreibtisch und blickte mit harten Augen auf Levi hinunter, der vor ihm stand und versuchte, möglichst unschuldig dreinzublicken.
"Nimm den Hut ab, wenn du mit mir sprichst, Junge", schnarrte Moores Stimme durch den Raum, "komm näher. Was willst du?"
Moore wusste ganz genau, was Levi wollte. Aber er wollte es aus seinem Munde hören.

Verdammt, also doch! Hastig zog Levi sich den lästigen Hut vom Kopf. Das fing ja gut an.
"'tschuldigung," murmelte er und trat näher an Moore heran. War ja nicht so, als hätte er Angst vor dem, bloß weil der ihn gestern nach Strich und Faden verdroschen hatte.
Er wusste allerdings nicht, was Moore nochvon ihmhören wollte, er hatte sein Anliegen ja schon vorgetragen.
"Der Ball. Sir."
Er machte eine Kopfbewegung in Richtung des Schranks, wo Moore das gute Stück deponiert hatte.
"Ich wollte ihn abholen. Sie hatten versprochen, dass ich ihn heute wieder haben kann."
Ganz konnte er den Trotz nicht aus seiner Stimme verbannen, aber er gab sich wirklich alle Mühe! Damit musste Moore doch zufrieden sein.

"Es heißt bitte, Sullivan! Und ich habe gar nichts versprochen. Ich sagte, wenn du dich anständig beträgst." Moore verschränkte die Arme hinter dem Rücken. "Wenn du dich nicht zusammenreißen kannst, wird es dir hier nicht sehr gut ergehen." Keine Drohung, eher eine Warnung an den aufmüpfigen Teil Levis. Der sehr groß zu sein schien.

Levi presste die Lippen aufeinander, um sich davon abzuhalten, Moore die Antwort an den Kopf zu werfen, die er verdiente. Das machte der doch alles nur, um ihn zu schikanieren! Jetzt nur nicht die Augen verdrehen, dann konnten er und die anderen sich das Fußballspielen abschminken.
"Bitte, sir," presste er hervor, was ihm sichtlich schwer fiel. Er hatte ja eigentlich quasi nichts angestellt. Wirklich nicht. Gut, gestern hatte er Elijah die Sachen gebracht und sich dann zu ihm zum Karzer geschlichen, und heute morgen beim Appell hatte Finnegan ihn wegen irgendwas kurz gerügt, aber so richtig hatte er nichts getan!

"Jetzt nur noch im ganzen Satz", stichelte Moore, holte aber das heißersehnte Stück vom Schrank und warf es Levi zu.
"Zum Abendessen seid ihr pünktlich und sauber, sonst setzt es was, vedstanden?"
Er verengte die Augen und zog die Stirn in Falten. Sullivans Trotz war mitnichten fort, I'm Gegenteil, aber Moore ließ es für den Moment dabei bewenden.

Levis Augen wurden groß. Erst hatte es so ausgesehen, als würde das nie was werden, und jetzt war es doch fast einfach gewesen. Er strahlte geradezu, als er den Ball auffing, das konnte er gar nicht verhindern.
"Vielen Dank, sir!" kam es da auch gleich, bevor er hastig ein "Natürlich, verstanden!" nachsetzte.
Damit drehte er sich auch schon um, den Hut wieder auf den Kopf stülpend.

Finnegan ließ langsam den Rohrstock sinken und wandte sich Bash zu. Ein gefährliches Glitzern war in seine Augen getreten. "So, du glaubst also, ich nehme Anweisungen von euch Blagen entgegen, Marakov."

Er hob den Rohrstock erneut, doch bevor er zuschlagen konnte, sank Stephen mit einem Seufzer auf den Boden. Er war ohnmächtig geworden.

Der Direktor warf dem Jungen einen letzten verachtungsvollen Blick zu und zischte ein leises "Schwächling!" bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf Bash richtete.  "Du wirst diesen Auftrag erledigen und zwar zu meiner Zufriedenheit." Er packte Bash's Ohr und riß seinen Kopf nach unten. "Ich habe genug andere Jungen, die sich darum reißen würden, die Arbeit zu erledigen."

Er zog die andere Hand zurück und verpasste Bash eine kräftige Maulschelle, bevor er fortfuhr: "Nur war keiner von ihnen bisher am Hafen und wir wollen doch nicht, dass beispielsweise dem kleinen Lyall dort etwas zustößt. Nur, weil er sich nicht auskennt und vielleicht in schlechte Gesellschaft gerät. Du weißt doch, hübsche Jungs sind am Hafen sehr beliebt."

Er hob die Hand, als wolle er ein weiteres Mal zuschlagen, ließ sie jedoch wieder sinken. Auch Finnegan schlug die Schüler nicht allzuoft ins Gesicht, da dies für sehr auffällige Verletzungen sorgte. So verpasste er Bash stattdessen einen Stoß: "Bring' den Kleinen da zur Krankenstation. Und glaub' ja nicht, dass ich schon mit dir fertig wäre."

Moore nickte nur knapp und grummelte ein "Und jetzt raus!" hinterher, als der Junge schon zur Tür strebte. Die Hände hinter seinem Rücken ballten sich zur Faust, sein Mund verzogen zu einem schmalen Strich, starrte er dem davoneilenden Jungen nach. 'Mutig', dachte er im Stillen, 'mutig und töricht. Sie sind alle so. Jedes einzelne. Bis sie Disziplin lernen!'
Dann wendete er sich ab, als die Tür ins Schloss fiel und trat ans Fenster. Sollten sie für Heute ihren Spaß mit dem Ball haben. Es hatte genug Strafen gegeben die vergangenen Stunden. Auch er, Moor, hatte sich mal ein paar Augenblicke Ruhe verdient.

Bash wusste er hatte sich damit verdammt weit aus dem Fenster gelehnt und er würde die Rechnung dafür bekommen, aber das war es wert. Als Finnegan den Rohrstock erneut hob, spannten sich seine Muskeln an, bereit Stephan vor dem Schlag zu bewahren, doch ehe er handeln musste, sank der Junge auch schon zu Boden. Bash atmete erleichtert durch. Er würde das ganze zwar jetzt ausbaden müssen, aber immerhin hatte der Wahnsinnige von Stephan abgelassen.

Er ließ den Blick nicht sinken und auch der Hass brannte noch immer in seinen Augen, als Finnegan sich ihm wieder zuwandte. Schon spürte er den harten Griff an seinem Ohr, gefolgt von heftigen Schmerzen, als er nach unten gerissen wurde, dann der Schlag, der ihn hart traf. Es tat weh, aber immer noch besser als weiter zu zählen.

Als Finnegan weiter sprach, sah Bash ihn wieder an. Das hasserfüllte Funkeln in seinem Blick, war etwas zurück gegangen, aber es war noch deutlich zu erkennen. Er wappnete sich für einen weiteren Schlag, doch offenbar reichte es Finnegan für den Moment. Der Stoß traf ihn dann doch unvorbereitet und er stolperte rückwärts. Er versuchte sich abzufangen, doch es gelang ihm nicht ganz und er landete auf dem Boden.

Während er aufstand, sah er ihn weiter an und nickte auf die letzte Anweisung hin. Er ging zu Stephan hinüber, hockte sich neben ihn und hob ihn hoch. Wieder ein Zeichen für die miese Verpflegung. Stephan war dürr und ausgemärgelt. Viel zu leicht für seine Größe. Stephans Kopf sank an Bashs Brust, als er mit dem Jungen auf dem Arm aufstand und zur Tür ging. Von dort sah er Finnegan noch einmal an. "Wer soll mich nun nachher begleiten?"

Asa schrieb:

"Sind deine Schmerzen denn jetzt so schlimm?"
Sie hatte es immerhin allein hergeschafft und keinen zu ihr geschickt. Also musste es eigentlich soweit in Ordnung sein.

Diese Frage brachte Suzanna in eine Zwickmühle. Sie wollte das Medikament, aber sie wollte auch keine Schwäche zeigen.
"Letzte Nacht war schon eher unschön.", begann sie dann. "Wenn ich etwas zur Sicherheit hätte, dann würde mir das sicher helfen."

"Zur Sicherheit, soso... Nun, im Normalfall gebe ich Schmerzmittel nicht zur Sicherheit heraus. Der Direktor heißt das nicht gut und leider bin auch ich ihm unterstellt..."
Chandra lächelte freundlich, jedoch nicht so, dass das Lächeln ihre Augen erreichte.
"Was also hätte ich davon, dir zur Sicherheit im Voraus Schmerzmittel zu geben? Nur Scherereien, wenn dich der Direktor damit erwischt, meine Liebe."

"Er würde es ja nicht erfahren." Sie ließ die Worte in der Luft hängen und überlegte, was sie der Hexe als Gegenleistung anbieten könnte. Sie hatte keien Ahnung, was sie wollen könnte. "Und wenn sie im Gegenzug mal irgendwofür nen Schüler brauchen..." Es war ein gutes Angebot, fand sie. Immerhin konnte Suzanna die Mädchen zu allem bringen und sie selbst war zwar gerade eingeschränkt, aber nicht nutzlos.

"Natürlich wärst du klug genug, um sie zu verstecken. Ich kenne deine Position und ich glaube auch nicht, dass eines der Mädchen dich anzweifelt."
Chandra lehnte sich gegen das Regal und musterte das Mädchen eingehend. Nur, was konnte Suzanna Fairchild ihr anbieten, wofür nicht einer der Jungen geeigneter war. Mädchen wurden aus gutem Grund nicht zum Hafen geschickt, wenn sie sich recht entsann.
"Ich plane derzeit keinen Umsturz der hiesigen Machtverhältnisse und brauche auch keine Assistentin, die mir nachfolgt... aber dennoch... vielleicht können wir beide davon profitieren, wenn wir handeln."

Sie nickte, um den ersten Teil der Aussage zu unterstreichen. Es half, dass die Schwester die Verhältnisse kannte. Dann legte sie den Kopf leicht schräg und sah die andere genau an. Die Worte klangen nicht unspannend. "Dann sollten wir uns die Möglichkeit nicht entgehen lassen..."

Chandra lächelte, jetzt beinahe sanft. Ganz so, als könnte sie Suzannas Situation verstehen.
"Es ist mit Sicherheit nicht immer leicht, die Leute in Disziplin zu halten und gleichzeitig seine eigene Freiheit zu bewahren. Ich erinnere mich an meine eigene Zeit hier. Es war nicht leicht für unsere Anführerin... zumal sie keine Ahnung hatte, dass sie nie wirklich die alleinige Befehlsgewalt hatte. Unter Finnegan, versteht sich.
Das Problem ist, um wieder auf den Handel zurück zu kommen, dass du nicht für mich zum Hafen gehen kannst, um die Sachen zu sorgen, die ich wirklich brauche. Aber du hast mit Sicherheit Leute, die gut beobachten können... Im Angebot für Informationen kann ich dir gewisse Zugeständnisse bezüglich der Medizin machen."